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«Das BHKW ist eine äusserst sinnvolle Variante»

Ernst A. Müller

Ernst A. Müller war von 2010 bis März 2021 Geschäftsführer des Branchenverbands InfraWatt.

Werden Kläranlagen vom Bund weiterhin Förderbeiträge für die energetische Nutzung von Klärgas erhalten? Ernst A. Müller, langjähriger Geschäftsführer des Dachverbands InfraWatt, spricht im Interview über die Chancen, die das Vorhaben im Parlament hat. Die Verstromung von Klärgas mit Wärmenutzung sieht er gegenüber der Einspeisung im Vorteil.

Herr Müller, wie ist aktuell der Stand hinsichtlich der Förderung für Abwasserreinigungsanlagen, die ihr Klärgas energetisch nutzen?

Die Beratungen über die zukünftige Förderung der Klärgasnutzung laufen im Parlament auf Hochtouren. Derzeit erhalten Kläranlagen, die in entsprechende Anlagen investieren, bis zu 20 Prozent an die nicht amortisierbaren Investitionen. Der Bundesrat hat aber angedacht, diese Förderung im Rahmen der Revision des Energiegesetzes zu streichen, was mittlerweile stark in Frage gestellt wird. Zu Recht, denn diese Förderung ist wichtig, damit die Investitionen über die Lebensdauer der Anlage wieder zurückfliessen.

Welche Tendenz zeichnet sich ab für das neue Energiegesetz (EnG)?

Da die Anpassung des EnG noch länger dauern dürfte und gewisse Energieträger ab 2023 nicht mehr gefördert werden, hat Nationalrat Bastien Girod eine Übergangslösung lanciert. Erfreulicherweise hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates auf Initiative von unserem Vorstandsmitglied Stefan Müller-Altermatt deutlich zugestimmt, dass die erneuerbare Stromproduktion aus Klärgas und Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) weiterhin gefördert wird. Das Votum aus der Kommission ist ein deutliches Signal zugunsten der BHKW, für die Übergangslösung, die wohl bereits im kommenden Winter in Kraft treten könnte, und auch das spätere, revidierte Energiegesetz.

Stand heute: Was raten Sie den Kläranlagenbetreibern?

Zurzeit gibt es noch Fördergelder. Für Kläranlagenbetreiber, die ihr altes BHKW in Kürze ersetzen müssen oder ein neues planen, ist Eile geboten. Denn mit dem Antrag muss auch das Baugesuch oder der Baufortschritt mitgeliefert werden. Mit dem Bau darf aber gemäss Vorschrift erst nach Bewilligung des Gesuches begonnen werden, sonst gibt es keine Förderung. Die Förderhöhe wird - abhängig vom Parlamentsbeschluss - in den nächsten Jahren steigen oder aber sinken. Der Zeitpunkt der Realisierung des BHKWs bzw. die Gesucheingabe ist also weitsichtig zu planen. Zum Stand der Förderung kann die Geschäftsstelle von InfraWatt per Mail info(at)infrawatt.ch angefragt werden.

Klärgas-Verstromung und Wärmenutzung vs. Aufbereitung und Einspeisung ins Erdgasnetz – was ist sinnvoller?

Dazu gilt es die unterschiedliche Werthaltigkeit bei der Energie zu berücksichtigen. Strom ist sehr hochwertig und kann für den Antrieb von Motoren z.B. von Wärmepumpen oder Elektroautos eingesetzt werden, deren Wirkungsgrade rund viermal besser sind als im Vergleich zu den konventionellen Heizungen oder Autos. Wenn also mit dem Klärgas Strom erzeugt und damit andernorts Wärmepumpen oder Elektroautos angetrieben werden, ist das viel effizienter und es kann viel mehr CO2- eingespart werden, als wenn Klärgas ins Erdgasnetz eingespeist und zum Heizen oder für Autos verwendet wird. Zudem steigen die elektrischen Wirkungsgrade der BHKW, womit der ungenutzte Wärmeanteil weiter sinkt. Die Stromerzeugung mit Abwärmenutzung mit dem BHWK ist also eine äusserst sinnvolle Variante für Kläranlagen.

Wo liegt in Zukunft das grösste energetische Potenzial für Kläranlagen?

In der Nutzung der Abwärme aus dem Abwasser mittels Wärmepumpen. Jedes zehnte Gebäude in der Schweiz könnte auf diese Art zukünftig beheizt werden. Damit könnten ganze Quartiere mit Wärmeverbünden weitgehend CO2-frei versorgt werden. Das muss im Vergleich zu den Erdöl- und Erdgasheizungen nicht teurer sein, zumal es auch bei Wärmeverbünden Förderung gibt. Dieses Potenzial bekannter zu machen und einen beträchtlichen Beitrag zum Ziel CO2-Netto Null zu leisten, ist eine wichtige Aufgabe für InfraWatt als Dachverband der Abwasser- und Fernwärmebranche.

Zur Person: Ernst A. Müller ist Initiant des Vereines InfraWatt. Seit Gründung 2010 war er dessen Geschäftsführer. Am 1. April 2021 hat er dieses Amt an Laure Deschaintre übergeben, bleibt den Themen aber weiter verbunden.

 

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